Disc-Review: »Gunslinger Girl« – Staffel 1 (Gesamtausgabe)

Die erste Staffel des Animes »Gunslinger Girl« wurde bereits zwischen Juli 2004 und Februar 2005 von KAZÉ Anime in vier Volumes auf DVD herausgebracht. Am 7. April 2022 spendierte Hardball Films der Serie einen Re-Release in einer Gesamtausgabe auf DVD und erstmals in Deutschland sogar auf Blu-ray. Wir haben uns den 13-teiligen Anime auf Blu-ray genauer angesehen und verraten euch in dieser Review, wie unser Eindruck ausfällt.

Für meinen Fratello würde ich sterben!

Die fünf Mädchen Henrietta, Claes, Triela, Angelica und Rico erscheinen auf den ersten Blick wie ganz normale Teenager, doch eine Geheimorganisation der italienischen Polizei hat diese durch chirurgische Eingriffe zu Cyborgs umfunktioniert, die nur ein Ziel haben: Sofortige Elimination aller Feinde des Staates.

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Als Killermaschinen von den Behörden zu hehren, aber auch schmutzigen Zwecken missbraucht, machen sie mit Revolver, Schrotflinte, Scharfschützen- oder auch Maschinengewehr kurzen Prozess mit rechten Terroristen und anderen Schurken. Aber hinter jedem dieser Mädchen steckt auch eine tragische Geschichte …

»Gunslinger Girl« basiert auf der gleichnamigen 15-teiligen Manga-Reihe von Yu Aida. Die Anime-Serie besteht aus zwei jeweils 13-teiligen Staffeln. Darüber hinaus gibt es noch zwei OVA-Episoden, die nach der zweiten Staffel spielen. In Japan wurde die erste Staffel in der Herbst-Season 2003 von Oktober 2003 bis Februar 2004 ausgestrahlt. Den Manga brachte der Egmont-Verlag auf Deutsch heraus.

Vertonung ziemlich durchschnittlich

Die deutsche Vertonung von »Gunslinger Girl« befindet sich bedauerlicherweise auf einem ziemlich durchschnittlichen Niveau. Bereits die erste Episode vermag diese Bewertung auf Anhieb auszulösen. Erfreulicherweise steigert sich die Qualität im Laufe der Zeit, zwar minimal und lediglich bei einigen Figuren, aber immerhin. Am Endergebnis ändert dies jedoch nichts wirklich.

KAZÉ beauftragte damals für die deutsche Umsetzung die Elektrofilm Postproduction Facilities, die unter anderem die deutsche Fassung für »Black Lagoon« und »Gurren Lagann« erstellt haben, in Berlin. Thomas Prauße war dabei für die Dialogregie zuständig. Bekannte Anime-Werke, bei denen Prauße sich für die Dialogregie auszeichnet, sind beispielsweise »Ikki Tousen: Dragon Girls«, »Mobile Suit Gundam Seed« und »Gravitation«.

Die Protagonisten der Serie stellen Henrietta (CV: Shalin Rogall), Triela (CV: Jennifer Caron), Claes (CV: Lydia Morgenstern), Rico (CV: Josephine-Pauline Strietzel) und Angelica (CV: Rubina Nath) dar. Bei den Hauptfiguren wurde nicht das gesamte Potenzial genutzt. Viele Takes kommen durchschnittlich daher, doch mit Blick auf das Setting wirkt es meines Erachtens dann doch wieder passend.

Die Anime-Rollen von Shalin Rogall, Jennifer Caron und Josephine-Pauline Strietzel lassen sich mit Stand heute an einer Hand abzählen. Daher ist es eine erfrischende Abwechslung, in einem Anime unbekannte Stimmen in den Hauptrollen zu hören. Rogall beispielsweise bringt die beschützende und leicht eifersüchtige wie auch zurückhaltende Art von Henrietta stimmlich passend herüber.

Eine Fehlbesetzung stellt aus meiner Sicht Max Haupt in seiner Rolle als Jean Croce dar. Zwar befindet sich Croce in der ersten Staffel eher im Hintergrund und man erfährt wenig über ihn, doch stimmlich wirkt Haupt unpassend auf dem Charakter. Die erbrachte Leistung schaffte es ebenfalls nicht, mich zu überzeugen.

Angenehm ist der Stimme von Julien Haggège zu lauschen. Er haucht José Croce Leben ein und bringt seine freundliche und fürsorgliche Art gelungen herüber. Seine unterschiedlichen Gemütslagen und Ansichten zu den »Killermaschinen« werden von Haggège je nach Moment glaubhaft und ordentlich gespielt. Im Großen und Ganzen weist »Gunslinger Girl« sowohl optimale als auch suboptimale Ergebnisse in der deutschen Vertonung auf. Der Sprechercast lässt sich hier abrufen.

Langsames Pacing

Die Anime-Umsetzung der ersten »Gunslinger Girl«-Staffel entstand unter der Regie von Morio Asaka (»Chobits«) im Studio Madhouse (»No Guns Life«). Hisashi Abe (»Chobits«) steuerte dabei das Design für die Charaktere bei. Bei Hardball Films erscheint die Serie auf Blu-ray im Format 16:9 mit einer Auflösung von 1080p. Der Ton wird als PCM 2.0 geboten.

Die Verantwortlichen hinter der Adaption haben sich passend zum Setting für eine dunkle Farbpalette entschieden. In der Serie werden wenige warme Farben verwendet, wodurch die bedrückende und ernste Atmosphäre des Animes gelungen transportiert wird. Die Hintergründe selbst sind ein wenig detailarm, wodurch der Fokus bei den Figuren selbst liegt, die für Madhouse-Verhältnisse aus der Zeit gelungen sind.

Die Action stellt nicht den Schwerpunkt der Serie dar. Es werden kurzweilige Action-Szenen geboten, doch diese sind nicht der Rede wert. Die Umsetzung ist stimmig und passt sich dem Geschehen an. Bei einigen Momenten wird auf die musikalische Untermalung verzichtet, wodurch der Zuschauer ohne Ablenkung dem Dialog der Figuren lauscht. Der Soundtrack selbst ist des Öfteren bedrückend – passend zur Stimmung.

Die Gesamtausgabe von Hardball Films enthält alle 13 Episoden der ersten Staffel von »Gunslinger Girl« und besteht aus einem Digipack mit Schuber. Als Extra werden den Käufern ein Booklet sowie drei Postkarten geboten. Das Booklet beinhaltet zwei Visuals sowie kurze Hintergrundgeschichten zu den vier Mädchen.

Viel mehr als nur tödliche Mädchen mit Waffen

Der Anime »Gunslinger Girl« wartet mit einer interessanten Handlung auf. Eine Geheimorganisation, die junge Mädchen »rettet« und ihre tragische Vergangenheit aus ihren Erinnerungen auslöscht, lässt diese mit mechanischen Körperteilen ausstatten, um sie später im Dienste des Staates als eiskalte Killermaschinen einzusetzen.

Wer auf eine reine actionreiche Serie à la »eiskalte Mädchen schießen ein Ziel nach dem anderen ins Jenseits« aus ist, der wird von »Gunslinger Girl« enttäuscht werden. Die Action stellt hier ein Beiwerk zur eigentlichen Thematik dar. Vielmehr geht es in diesem Anime um die Mädchen, ihre Gefühlswelt, ihr Verhältnis zu ihrem Fratello und auch deren Umgang mit der Lage.

Wichtig zu wissen ist, dass die erste Staffel lediglich zwei Bände der Manga-Reihe adaptiert. Das Pacing ist dahingehend langsam. Die Staffel hinterlässt eher den Eindruck des Auftaktes einer Geschichte, die noch viel mehr zu bieten und erzählen hat. Wehmütig und bedrückend begleitet der Zuschauer das tragische Schicksal der unterschiedlichen Mädchen, die nach Anerkennung und der Liebe ihres Fratello aus sind.

Trotz der Operation und dem Gedächtnisverlust sind die Mädchen sehr verschieden. Schrittweise erhalten die Charaktere Tiefe spendiert, da sie sich durch die Ereignisse auf emotionaler Ebene weiterentwickeln. Genau hier liegt der anregende Punkt der Serie. Ein Problem stellt hingegen der fehlende Spannungsaufbau dar. Es fehlt schlichtweg ein gelungener Spannungsfaktor, wodurch es hin und wieder zäh und langweilig werden kann.

Hardball Films veröffentlicht mit der Neuausgabe von »Gunslinger Girl« eine durchaus interessante Serie, die mit einigen Schwächen und Stärken in der Erzählung aufwartet. Empfehlen würde ich den Anime für Fans von Werken wie »Noir« oder »Darker than Black«.

© Yu Aida/MediaWorks・Marvelous Inc.
This Edition ℗ 2022 Hardball Films.

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