Das Oberste Gericht von Osaka gab vor wenigen Tagen bekannt, dass Shinji Aoba, der Angeklagte im Prozess nach dem Brandanschlag auf Kyoto Animation, seine Berufung gegen die verhängte Todesstrafe zurückgezogen hat. Wir fassen zusammen.
Brandanschlag auf Studio
Am 18. Juli 2019 betrat Shinji Aoba das erste Studiogebäude von Kyoto Animation und entleerte dort 40 Liter Benzin, die er im Anschluss entzündete. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 70 Mitarbeiter von Kyoto Animation im Gebäude, von denen 36 Menschen starben und 32 weitere Menschen teilweise schwer verletzt wurden.
Während die Verteidigung während des Prozesses aufgrund von Wahnvorstellungen auf Schuldunfähigkeit plädierte, sei Aoba laut Auffassung der Staatsanwaltschaft zurechnungsfähig gewesen und hätte rein aus Eifersucht und Groll gehandelt.
Schließlich warf Aoba dem populären Anime-Studio vor, seine Ideen gestohlen zu haben, was im Laufe der Verhandlung jedoch eindeutig widerlegt werden konnte.
Nach insgesamt 32 Verhandlungstagen folgte der vorsitzende Richter Keisuke Masuda dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft und verhängte im Januar 2024 die Todesstrafe.
Masuda begründete sein Urteil damit, dass Aoba zum Zeitpunkt der Tat weder geistig unzurechnungsfähig noch in einem verminderten Zustand gewesen sei, weswegen er strafrechtlich vollumfänglich verantwortlich gemacht werden könne.
Berufung zurückgezogen
Eine Auffassung, welche die Verteidigung nicht akzeptieren wollte und umgehend Berufung einlegte. Dabei wurde ein neues psychisches Gutachten gefertigt, welches Aobas wahnhafte Störung und die daraus resultierende Unfähigkeit, von richtig und falsch zu unterscheiden, bestätigte und eine verringerte Schuld rechtfertigte.
Trotz der Bemühungen seiner Anwälte und der neuen Aussicht auf einen Freispruch oder einer milderen Strafe zog Aoba vor wenigen Tagen das Berufungsverfahren jedoch persönlich zurück – ohne die Abgabe einer Erklärung.
Ein ungewöhnlicher Schritt, doch im japanischen Strafprozessrecht behalten die Angeklagten zu jeder Zeit das Recht, eine Berufung eigenmächtig zurückzuziehen, selbst wenn die Verteidigung dies ablehnt.
Eine Stellungnahme seiner Anwälte steht noch aus, doch sollte der Rücktritt von der Berufung ohne Bedenken anerkannt werden, ist das Verfahren offiziell beendet und das Urteil rechtskräftig.
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Via Japan Times
First Image: © Kyoto Animation; Second Image: Own Work; Third Image: © L26 @ Wikimedia / CC BY-SA 4.0
Ein Mensch ermorderte auf grausamste Art und Weise 36 Menschen und verletzte zudem 33 weitere. Auch Jahre später nach der Tat spreche ich diesen Menschen mein Beileid. Mögen ihre Seelen in Frieden ruhen. Den Verletzten wünsche ich viel Kraft, sodass sie dieses furchtbare Trauma eines Tages überwinden und in ein normales Leben mit einem normalen Alltag zurückkehren können. Amen!
Die Todesstrafe ist so barbarisch, wie das Verbrechen selbst. Einem zivilisierten Land steht das nicht gut zu Gesicht.
Wenns so weiter geht, ist man in Deutschland auch wieder so tief gesunken, da fordern schon Leute die Todesstrafe für Menschen, die zwar noch keine Straftat begangen haben, sondern weil sie eine psychische Erkrankung haben, die eventuell(!) zur einer Straftat führen könnte. Also eine prophylaktische Todesstrafe. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.
Welches Land ist schon wirklich zivilisiert.
Interessant. Da bin ich mal auf eine Erklärung von den Anwälten gespannt.
Das mit der Zurechnungsfähigkeit ist ja hier so eine Streitfrage. Da heißt es Ja und Nein. Das halte ich nicht für gut abgeklärt – zumindest nicht abschließend. Das ist ja von entscheidender Wichtigkeit. Wenn er nicht zurechnungsfähig wäre, wäre die Anwendung der Todesstrafe schlicht nicht vertretbar.
Jedenfalls, mal sehen, ob da noch eine Erklärung der Anwälte erfolgt oder nicht. Ich hoffe, dass da noch eine kommt.
»unzurechnungsfähig« bzw. »schuldunfähig« klingt immer so nach milder Strafe, eigentlich ist es sogar das Gegenteil. Die landen dann in einer forensischen Psychiatrie, werden eventuell mit Medikamenten ruhig gestellt und werden von anderen Insassen isoliert. Es ist immer wieder der Irrglaube, dass »Unzurechnungsfähigkeit« ein Freifahrtschein wäre, tatsächlich wünschten sich die Täter im Gefängnis zu landen als in einer solchen Psychiatrie. Die Verweildauer in einer solchen Einrichtung ist dabei nach oben hin offen, also quasi eine lebenslange Verwahrung. Das dürfte in Japan nicht viel anders sein.
Ich wollte mit meinem Kommentar nicht zum Ausdruck bringen, dass er – wenn er denn wirklich unzurechnungsfähig war/ist – dann eine milde Strafe bekäme. Das ist – wie ausgeführt – ja nicht der Fall. Solche Einrichtungen sind letztlich auch Gefängnisse; nur eben mit einer Spezialisierung.
Es ging mir nur um die Todesstrafe. Jemand, der geistig nicht zurechnungsfähig ist, kann seine Tat und das, was das mit sich bringt ja nicht einschätzen. Da sollte man keine Todesstrafe anwenden. Wenn er in Ordnung ist, halte ich es dieser Tat hier entsprechend für anwendbar. Aber das ist für mich hier nicht ausreichend geklärt.
Vielleicht hat er bemerkt das die Nummer mit der fehlenden Zurechnungsfähigkeit nicht ankommt und möchte es nun einfach hinter sich bringen. Die Lebensqualität in japanischen Todeszellen soll schließlich nicht allzu hoch sein. Vielleicht ist es aber auch bloß Teil einer Strategie oder whatever. Who knows ¯\_(ツ)_/¯
So oder so, mein Mitleid hält sich sehr in Grenzen. Mögen die Opfer und dessen Angehörigen mit dieser grausamen Tat bald abschließen und ihren Frieden schließen, sowie finden können.