Filmverband appelliert nach Studie an japanische Regierung

Die Nippon Anime & Film Culture Association (NAFCA) hat vor Kurzem die Ergebnisse einer Studie zu den Gehältern und Arbeitsbedingungen von Animatoren veröffentlicht – und fordert aufgrund der schockierenden Erkenntnisse ein Einschreiten der japanischen Regierung. Wir fassen zusammen.

Erkenntnisse der Studie

Der Anime-Markt boomt seit Jahren, doch bekanntlich erhalten Animatoren, obwohl sie oftmals einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg leisten, nur selten ein faires Stück vom Kuchen. Wie schockierend die Zahlen wirklich sind, enthüllte nun einmal mehr eine Umfrage der NAFCA.

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Dort gaben nämlich 40 % der insgesamt 323 Befragten an, ein Jahreseinkommen von weniger als 2,4 Millionen Yen (etwa 14.850 Euro) zu erhalten. Bei Animatoren im Alter von 20 bis 39 Jahren stieg der Anteil gar auf 50 % an. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass Japan, was die Lebenshaltungskosten angeht, als eines der teuersten Länder der Welt gilt.

Darüber hinaus würden 68,7 % der Befragten mehr als acht Stunden am Tag arbeiten, während 27,9 % gar auf mehr als zehn Stunden pro Tag kommen würden. Die NAFCA hätte selbst bei Animatoren über 50 Jahren kaum eine Reduzierung der Arbeitszeit feststellen können und wies in diesem Zusammenhang auch auf das Gesundheitsrisiko durch lange Arbeitszeiten hin.

Probleme sind hausgemacht

Einen großen Anteil an den Problemen der Anime-Industrie und ihren Animatoren hätte das System der Produktionskomitees, das sich seit Anfang der 2000er Jahre etablierte. Zuvor waren die Anime-Studios entweder allein oder mit wenigen anderen Unternehmen für die Produktion eines Anime verantwortlich – wodurch Erfolg und Risiken allerdings nur sehr schwer vorhersehbar waren.

Doch mit Einführung der Produktionskomitees wurden die finanziellen Risiken erheblich verringert, was gleichzeitig die Zahl der jährlichen Anime-Adaptionen explosionsartig erhöhte. Laut dem Bericht der NAFCA lag die Zahl der jährlichen Anime-Produktionen im Jahre 2000 noch bei etwa 100, erhöhte sich in den folgenden Jahren jedoch stetig auf 200 (2010), 300 (2014) und in der Spitze 361 (2016).

Heutzutage gibt es etwa 300 neue Anime-Produktionen pro Jahr. Allerdings hätte sich die Anzahl der Animatoren seit 2010 von 4.500 auf 5.200 nur sehr unwesentlich erhöht. Trotz kaum veränderter Arbeitskraft ergab sich seit 2010 also eine 1,5-fache Erhöhung der Quantität, ganz zu schweigen von den seither gestiegenen Anforderungen an die Qualität – insbesondere durch große Auftraggeber.

Doch statt den Beruf attraktiver zu machen und eigene Animatoren auszubilden, beauftragen viele japanische Studios aufgrund des Personalmangels Studios im Ausland mit Animationsarbeiten. Die Ergebnisse sind jedoch oft nicht zufriedenstellend, wodurch eine Korrektur durch einen erfahrenen Animator notwendig wird – Zeit, die dieser in die Ausbildung junger Talente hätte stecken können.

Regierung muss Probleme lösen

Damit in Japan produzierte Anime weiterhin einen starken Einfluss auf die Welt haben, müsse die japanische Regierung laut der NAFCA einschreiten und die Anime-Industrie unterstützen. Einerseits zur Förderung von Talenten, andererseits um das System der Produktionskomitees zu überarbeiten.

Denn Anime-Studios mit erschöpftem Budget und Personal können es sich nicht leisten, Ressourcen für die Bildung bereitzustellen. Konkret wünsche man sich Subventionen zur Personalentwicklung, um eine bessere Voraussetzung für Talente zu schaffen und die Zahl qualifizierter Animatoren zu erhöhen.

In Bezug auf die Produktionskomitees müsse eine neue gesetzliche Regelung des geistigen Eigentums stattfinden. Derzeit halten die Produktionskomitees sämtliche Rechte an einem Werk und die Anime-Studios erhalten lediglich den vereinbarten Betrag, um den Anime zu produzieren. Selbst wenn das Werk ein großer Erfolg wird, gibt es also kein System zur Rückführung der Gewinne an das Studio.

Zeit für Veränderung

Obwohl die Vorteile eines Produktionskomitees nicht geleugnet werden können, wäre es laut der NAFCA allmählich an der Zeit, die Zuteilung von geistigem Eigentum zu überdenken, damit die japanische Anime-Industrie weiterhin erhalten bleiben und weiterentwickelt werden kann.

Die NAFCA fordert von der japanischen Regierung einen Gesetzesentwurf, welcher den Studios stets 30 % der Rechte am geistigen Eigentum zuspricht, was sie entsprechend an den Gewinnen beteiligt. Ansonsten könne das Problem mit den niedrigen Löhnen der Animatoren niemals gelöst werden.

Dies ist nicht der erste Appell an die japanische Regierung und wird auch nicht der letzte sein. Erst vor wenigen Wochen kam die unabhängige Forschungseinrichtung Japan Research Institutes (JRI) zu den gleichen Erkenntnissen. Somit dürfte klar sein: wenn Japan seine Vormachtstellung in der Anime-Produktion nicht verlieren möchte, dann muss bald ein ernsthaftes Umdenken stattfinden.

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Via NAFCA
© Shirobako Partners

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Kommentare

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10 Kommentare und Antworten zu "Filmverband appelliert nach Studie an japanische Regierung"

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Vaninder
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Vaninder

Man kann doch einfach mal dafür sorgen, dass ein Beruf normal bezahlt wird? Klar haben wir auch schlecht bezahlte Berufe in Deutschland, jedoch wären 14K Pro Jahr auch hier weit unter Mindestlohn. Unverständlich für mich :/

Mouse
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Mouse

Das ist ja genau das Problem: das Studio erhält nicht genügend Geld vom Produktionskomitte um seine Mitarbeiter ordentlich zu bezahlen. Der Mindestlohn in Japan ist in jeder Präfektur unterschiedlich liegt jedoch umgerechnet nur durchschnittlich bei ca 7€, von daher wäre es wirklich an der Zeit eine Erhöhung einzuführen.
Das Problem ist jedoch häufig nich der Mindestlohn: das Problem ist das viele Animationen offiziell nur 7-8 Stunden arbeiten aber sehr viele (teilweise unbezahlte) Überstunden machen (müssen). Von daher sollte es eher ein Gesetz geben das kontrolliert dass Überstunden bezahlt werden und die Zahl der Überstunden limitiert

Guts
Gast
Guts

Da die meisten Animatoren nicht nach Zeit sondern Arbeit bezahlt werden – sind nun mal Freiberufler – bringt das alles nicht sonderlich viel. Es wird einfach eine starke Künstlergewerkschaft benötigt, die sich für die Mitglieder einsetzt und Mindeststandards schafft.

KnSNaru
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KnSNaru

Ein jeder Handwerksberuf wird schlecht vergütet. Jedenfalls für diejenigen, welche in einer solchen Branche wirklich anpacken, ergo Inhaber und Vorstände die Taschen überhäufen.
Ergo: Über Geld verfügen nur diejenigen, welche außer einer großen Klappe nichts Konstruktives beizutragen haben.

Beschäftigte in der Filmbranche seien unterbeazhlt? Was tun die denn so Aufwändiges? Den lieben langen Tag unter Luxusbedingungen an Computern herumspielen? Das tuen viele Millionen auf ihren heimischen PCs auch und erhalten für diese erholsame Luxustätigkeit keinen einzigen Penny. Was tut ein Serveradministrator in seinen Nächten? Chatten, Zocken und so weiter und wird dafür lukrativ vergütet. Das Geld wandert IMMER in die falschen Hände.

Ich
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Ich

Sind wir ja wieder bei dem Thema. Ja, es muss sich was ändern. Aber das muss es ja schon lange. Das Thema ist ja nie weg. Man kommt immer wieder drauf. Und es ist ja nicht nur der Anime-Sektor, der einer Überarbeitung bedarf. Es ist ja das grundsätzliche Berufs- und Gesellschaftsleben. Aber um ein Problem anzugehen, müsste man ja erstmal zugeben, dass ein Problem da ist.

SenSen
Gast
SenSen

Selbst wenn sich was ändern würde, bezweifle ich das sich an den Umständen der Überstunden und Überarbeitung was ändern würde.
Was bringt die bessere Bezahlung am Ende des Tages wenn man sich kaputt gearbeitet hat?
Klar macht es den Beruf attraktiver, aber am Ende des Tages würde man einfach outsourcen denn mehr Animatore bedeuten am Ende nur mehr Kosten, am Gewinn ändert sich nichts.
Da man aber mehr Leute braucht, holt man sich diese aus dem Ausland.
Wenn schon müsste man auch die Kosten für Anime etc. erhöhen, das tragen aber die Kunden nicht
Früher hat man an DVD/BD Verkauf mehr gewonnen, als an Lizenzgebühren für Streaming.
Zudem müsste man die Anzahl der Produktionen senken, damit die Last der Arbeiter weniger wird.

Der Grund warum überhaupt so viel produziert wird, ist es auch um mehr Gewinn zu machen, da dieser seit Streaming einfach fehlt und seitdem arbeiten Mitarbeiter mehr als sie sollten und um Kosten zu sparen wird outgesourced.

Sani
Gast
Sani

Ach herrje. Es muss sich natürlich ändern, wie schon oben im Artikel steht. Irgendwie hört sich ja auch so an, als wären die Studios billige Arbeitnehmer bzw. die Komitees die direkten Arbeitgeber von den Studios.

Wäre’s nicht schlau, wenn sich alle Studios sich zusammen setzten und gegen die Komitees sich wehren, also quasi streiken. Wenn sie nicht mehr Geld und keine Gewinn-Beteiligung bekommen, wird keiner mehr ein Anime produzieren und fertig. Dann hätten wir zwar für einige Zeit keine Animes mehr, aber dafür hab ich Verständnis.

MrT
Gast
MrT

Die brauchen erst eine Studie um einzuschreiten bei etwas was schon seit Jahren bekannt ist?
Ist ja jetzt nicht so dass die Animatoren erst seit paar Monaten unter den Arbeitsbedingungen leiden sondern schon seit vielen Jahren.
ich liebe zwar Japan aber deren Arbeitsphilosophie ist in vielen Punkten einfach nur der größte Müll.

Thimeus
Gast
Thimeus

Jaja, das ewige Problem mit der freien Marktwirtschaft:

100% Arbeit bringt zu wenig ein, also arbeitet man mehr.
Weil alle so denken, kommen mehr Produkte auf den Markt.
Ein höheres Angebot sorgt für einen geringeren Preis für das einzelne Produkt.
Fazit: Auch wenn man mehr arbeitet, man bekommt nicht mehr Geld. Wenn man aber gleichviel arbeitet, bekommt man weniger, weil alle anderen mehr arbeiten.

So habe ich es schon in der Schule gelernt (damals beim Beispiel Kaffee). Eine Musterlösung wusste ich damals so wenig wie heute, denn wenn man den Lohn erhöht, wird auch der Preis höher und das senkt die Nachfrage. Weil dann kein Geld mehr reinkommt, gehen die Studios pleite, die Arbeiter bekommen 60% Arbeitslosengeld (laut Google) und wir keine Animes mehr.

xertdiv
Gast
xertdiv

Was? Arbeiter werden ausgebeutet in verschiednen Branchen und wtfhappen1971 ist halt seit 1971 Realität..
Ja da wird ja der Marx im Wok von Winnie Puuh verrückt…