Immer mehr Animatoren bevorzugen chinesische Studios

Die japanische Tageszeitung Nishinippon Shimbun veröffentlichte vor Kurzem einen Artikel über die zunehmende Zahl chinesischer Anime-Studios in Japan und deren lukrative Arbeitsbedingungen.

Schlechte Arbeitsbedingungen in Japan

Schlechte Löhne trotz hoher Belastungen sind für Animatoren in Japan bekanntlich schon länger die traurige Wahrheit. Manche Studien belegen sogar, dass das jährliche Einkommen für einen 27-jährigen Animator in Japan nur etwa 1,25 Millionen Yen (rund 9.144 Euro) beträgt. Heruntergerechnet entspricht der Stundenlohn bei so Manchem nicht mal 100 Yen (etwa 0,73 Euro).

Werbung

Nicht wenige müssen deswegen, um überhaupt die Lebenshaltungskosten decken zu können, noch einen weiteren Teilzeitjob annehmen, was die ohnehin schon hohen, wöchentlichen Arbeitsstunden nochmals bis an die Belastungsgrenze treibt. Die Arbeitsbedingungen für Animatoren sind nicht gut.

Dazu kommen unsichere Arbeitsverhältnisse. Laut einer Umfrage aus dem Jahre 2019 sind lediglich 14,7 % der befragten Animatoren festangestellt. Der Großteil ist selbstständig und hat somit kein sicheres und festes Einkommen. Schwer zu glauben, dass sich an diesen Zahlen während der COVID-19-Pandemie in dieser Hinsicht etwas zum Besseren gewendet hat.

Außerdem findet bei Selbstständigen der Mindestlohn keine Anwendung und man hat eine schlechte Verhandlungsposition. Man muss nehmen, was man kriegt und wird auch nicht am Erfolg des Anime beteiligt. Meist können die anstellenden Studios selbst nichts dafür, da sie selbst auch nur das absolute Mindestbudget von den Produktionskomitees erhalten.

China betritt die Bühne

Genau an diesen Missständen setzen nun mehrere chinesische Unternehmen an und versuchen japanische Animatoren anzulocken. In diesem Zusammenhang wagte das in China führende Unternehmen »Colored-Pencil Animation Design« im Jahre 2018 den ersten Schritt und gründete in Tokio und somit im Herzen Japans das Tochterunternehmen »Colored Pencil Animation Japan«.

Sie werben mit einem Arbeitsumfeld, in dem sich jeder wohlfühlen und voll und ganz auf die Arbeit konzentrieren kann. Ihr Motto lautet: »Damit Zuschauer eine großartige Animation genießen können, müssen sich die Animatoren während der Arbeit wohlfühlen.«

Je nach Qualifizierung würde jeder, selbst frische Schulabgänger, eine Vollzeitanstellung mit einem Jahresgehalt von mindestens 2,5 Millionen Yen (etwa 18.293 Euro) erhalten. Darüber hinaus würden Wohnungen zur Verfügung gestellt und Fahrtkosten zur Arbeit übernommen werden. Dank Gleitzeit würden zudem Überstunden, selbst vor Deadlines, so gut es geht vermieden werden.

Rivalität kann beleben

Und nach »Colored Pencil Animation Japan« fassten viele weitere chinesische Unternehmen Fuß in Japan. Und sie alle zeichnen sich durch ein gutes Arbeitsumfeld aus, das den Animatoren ein Gefühl der Erfüllung gibt. Lange galt die Anime-Produktion als Markenzeichen Japans, aber so langsam scheint diese Vormachtstellung ins Wanken zu kommen.

Dem Druck aus China lässt sich aber auch etwas Positives abgewinnen. Die Verantwortlichen erkennen, dass die Marke »Anime« in Gefahr ist und die Arbeitsbedingungen verbessern sich stetig. Wenn auch teilweise schleppend, so ist ein Aufwärtstrend deutlich bemerkbar.

.

.

.

Zudem haben der Erfolg von »Demon Slayer« und auch Makoto Shinkais »Weathering With You« den Anime-Produzenten laut übereinstimmenden Berichten die Augen geöffnet, dass sich eine Erhöhung des Budgets durchaus auszahlen kann. Hinzu kommen das Wachstum der Streaming-Dienste und der internationale Markt. Die Produktionskomitees merken allmählich, dass sie aktiver werden müssen.

Mehr zum Thema:

Via Nishinippon
©劇場版「SHIROBAKO」製作委員会

Aktuelle News

Kommentare

Kommentare

21 Kommentare und Antworten zu "Immer mehr Animatoren bevorzugen chinesische Studios"

avatar
Neueste Älteste
Teru
Gast
Teru

Das hoffe ich, daß das dringend einen positiven Einfluss auf japanische Studios hat.

XYZ
Gast
XYZ

Ihr Kommentar verdeutlicht gut das Problem. Man kann in jedem Artikel zu dem Thema lesen, dass man auf Verbesserungen hofft…und er wird viel gelikt.

Schlussendlich wollen die meisten Menschen selbst dafür keine Opfer bringen. Geiz ist geil, das Motto gilt gerade auch unter Anime Fans. Meistens gibt man auch den Falschen die Schuld. Die roten Zahlen vieler Studios zeigen es dabei deutlich. Es liegt nicht an den Studios selbst, dass die Löhne so gering sind, das Budget ist einfach zu gering.

Der Gesetzgeber muss eingreifen. Bspw. zum Schutz der Studios eine Untergrenze beim Budget, so dass die Studios sich nicht gegenseitig unterbieten können, um einen Auftrag zu erhalten. Desweiteren könnte man Anime als Markennamen schützen lassen. Anime darf nur genannt werden, was in Japan zum Großteil produziert wird. Nach Mindestlohn rufen, wie es hier meist der Fall ist, wird das Problem nicht lösen.

Teru
Gast
Teru

Das die Studios selbst nicht das ursächliche Problem sind, ist ja bekant und geht auch aus dem Artikel hervor. Stichwort: Produktionskomitee. Schon seit langem in Japan der Ruf, hier dringend was zu ändern. Mindestlohn, Untergrenzen beim Budget etc. gestaltet sich in Japan gesetzgeberisch schwieriger als in Europa, da die freie Marktwirtschaft in Japan sehr stark von einer seit Jahrzehnten regierenden neoliberalen Partei unterstützt wird.

Guts
Gast
Guts

Ganz würde ich die Studios nicht aus der Verantwortung ziehen, einige sitzen schließlich selbst im Komitee oder sind selbst große Produzenten. Dann gibt es Studios wie Mappa, die offensichtlich ganz gerne die miesen Arbeitsbedingungen ausnutzen um sich die großen Aufträge zu angeln. Oder Ufotable, ob die den Animatoren etwas vom (Kino)-Erfolg bei Demon Slayer abgegeben haben? Würde mich keineswegs wundern, wenn nicht…

Wie soll das mit der Untergrenze beim Budget bitteschön funktionieren? Wer entscheidet die Untergrenze, das muss ja dann für jeden einzelnen Titel neu ermittelt werden? Es gibt da nicht die eine Formel, mit der man das Budget eines Anime errechnen kann.

Und was soll es außerdem bringen den »Markennamen« zu schützen? Dürfte sowieso nicht gehen. Vielen dürfte außerdem völlig schnurz sein, ob bei einer Serie »Anime« drüber steht, die gucken etwas weils gefällt. Auch würde es die Produktionsbedingung dramatisch verschlechtern wenn man andere Länder plötzlich aussperrt. Die Studios lagern schon so viel aus, so viel Personal findest du gar nicht mehr in Japan. Auch würde es die kreativen Einflüsse beschneiden.

Mindestlohn/Mindestgagen ist im Vergleich zu deinen Vorschlägen dann doch die sinnvollere Maßnahme, die Arbeitnehmer brauchen mehr Rechte und nicht die Studios. Gewerkschaften wären auch mal ein Anfang. Japan kann aber auch einfach warten bis der Markt völlig zusammenbricht und/oder andere Länder die besseren/beliebteren »Anime« produziert weil die ganzen 08/15-Werbeanime aus Japan nicht mehr ziehen.

Guts
Gast
Guts

Apropos Mappa, da gab es gestern ja wieder einen neuen Artikel: »MAPPA möchte alle Werke von Tatsuki Fujimoto adaptieren« anime2you.de

Mappa möchte also noch mehr in Eigenregie produzieren, dann hätten die ja mehr Kontrolle übers Budget und müssten die Animatoren ja ordentlich bezahlen, das Komitee kann ja hier dann nicht mehr als Ausrede herhalten 😉

Micha
Gast
Micha

das sind sehr positive neuigkeiten, denn schließlich wurden die versteckten botschaften in den animes über die jahre hinweg immer offensichtlicher und mit »the dungeon of black company« ein absolut offenes und ernstzunehmendes thema.
ich hoffe wirklich, daß das thema »moderne sklavenhaltung« irgendwann bald endlich in vergessenheit gerät.

XYZ
Gast
XYZ

Ihr Kommentar zeigt, wie oberflächlich das Thema von vielen betrachtet wird, das Wissen dazu scheinbar sehr lückenhaft ist. Emotionen vor Rationalität und Wissen!
1. Zunächst mal ist »moderne Sklavenhaltung« eine Verhöhnung von Sklaverei. Sie sollten sich mal ausführlich mit der Thematik beschäftigen. Niemand zwingt Animatoren dazu, für einen zu geringen Lohn zu arbeiten. Mag sein, dass es traurig ist, wenn sie ihren Traum nicht erfüllen bzw. weiterhin nachgehen können. Jedoch können sie jederzeit einem anderen Beruf nachgehen. Japan ist auch kein armes Land, wo man eine Arbeit zum Überleben braucht, es gibt ein Sozialsystem, wo man auch die Chancen hat, einen neuen Beruf zu erlernen.
Kurz gesagt, Animatoren auszunutzen, ist keine Sklaverei!
2. Falls Sie die Artikel hier regelmäßig lesen sollten, sollten Sie wissen, dass die meisten Studios rote Zahlen schreiben. Man kann den Animatoren einfach keine höheren Löhne zahlen. Der Arbeitgeber selbst, die Studios, sind nur indirekt verantwortlich. Deshalb würde ein Mindestlohn, der oft mit Schnappatmung gefordert wird, letztendlich den chinesischen Studios helfen, wo Geld keine Rolle spielt, die japanische Konkurrenz endgültig auszuschalten.
Das Problem ist der Auftraggeber, der den Studios ein zu geringes Budget vorgibt. Jetzt kann man natürlich schnell sagen, dass die Studios halt einfach ein höheres Budget fordern bzw. besser dem Auftraggeber anbieten müssen. Jedoch wird dann der Auftrag halt an die Konkurrenz vergeben, die bereit ist, für ein geringes Budget den Auftrag anzunehmen. Die Studios haben das gleiche Problem wie Animatoren. Fordert man zuviel, bekommt den Auftrag bzw. Job ein anderer, man selbst geht Bankrott bzw. wird arbeitslos.
Der Gesetzgeber ist gefordert, wie ich es schon in einem anderen Kommentar hier geschrieben habe, den Studios und Animatoren gleichermaßen zu helfen.

Micha
Gast
Micha

ich gehe nicht auf alles geschriebene hier ein.. ich will nur einen missstand klarstellen, wegen dem du dich so hochgeschaukelt hast:

»moderne sklavenhaltung« ist, da wo ich herkomme, ein slang für unterbezahlte arbeitnehmer. und als solchen habe ich dies auch angesehen. kein grund, gleich ein lexikon abzutippen, nur weil man etwas falsch aufgefasst hat.

Teru
Gast
Teru

»Der Gesetzgeber ist gefordert« und genau der Gesetzgeber, insbesondere die seit Jahrzehnten neoliberale Regierung, ist ja das Problem in Japan solche Dinge zu ändern. Man darf, auch wenn Japan demokratisch ist, die politische und auch marktwirtschaftliche Situation nicht mit Europa oder Deutschland vergleichen. Die politischen Umstände dort sind anders.

Sir Pascalus
Gast
Sir Pascalus

Ich finde eh das sich »Anime« nur aus Japan sich dem Ende zuneigt. Für mich sind das alles animierte Serien und nicht mehr, egal wo die her kommen. Shows wie Dota Dragons Blood und Arcane zeigen das auch andere Länder abliefern können.
Daher finde ich es schön das mehr Konkurrenz kommt und Japan mal zeigt wie ein ordentlicher Arbeitgeber sein muss.

Joey
Gast
Joey

Eine Schande, dass die ganzen talentierten Menschen nicht entsprechend entlohnt werden. Und chinesische Studios sind massiv durch die Politik eingeschränkt.
In beiden Fällen bleiben die Künstler weit hinter ihren Möglichkeiten.

Ich
Gast
Ich

Dieses Thema … was bieten diese chinesichen Firmen denn genau? Sie bieten in dem Sinne nicht MEHR, sie bieten einfach nur ORDENTLICHERE (Arbeits-)Bedingungen. Und das ist das Irrwitzige da dran. Und Japan macht es den chinesischen Firmen in der Hinscht auch nicht wirklich schwer.

Nun macht China das natürlich nicht aus reiner Herzensgüte. Die wollen das Know How abgreifen. Und auf diese Art und Weise ist das ganz einfach. China nutzt die Gelegenheit und greift zu.

Ryu
Gast
Ryu

Nicht unbedingt, das nötige Know-how haben sie bereits. Geht eher um die Fachkräfte mit etlichen Jahren erfahrung. Der Hintergedanke ist wohl dann der Einfluss, den China in Japan, im Anime Bereich ausbaut. (Ab hier meine Vermutung) Es kommen dann mehr China »freundlich« und weniger »unfreundliche«Produktionen raus.
Kann man denen was vorwerfen ? Nein, daran ist ganz alleine Japan schuld !

Ich
Gast
Ich

Mit Know-How meinte ich ja u.a. die erfahrenen Fachkräfte. Ich wäre auch mal so wagemutig zu sagen, dass deine Vermutung Hand und Fuß hat.

Vorwerfen … Hmm … im Grunde nutzt China die Schwächen der anderen zum eigenen Vorteil aus. Ist das verwerflich? Und aufgrund der anhaltenden Umstände in Japan demontieren sie dich dort ja selbst; sprich, sie machen sich selbst schwach.

Shiadra
Gast
Shiadra

Ich glaube nicht das die Japanischen Unternehmen in der Branche sich eine Verbesserung leisten können gab hier ja letztens den Bericht das immer weniger gewinn erwirtschaftet wird!

Atma
Gast
Atma

Es wird immer weniger erwirtschaftet weil zu viel animiert wird, selbst Novels, Mangas etc. die nur mittelmäßig oder gar unterdurchschnittlich performen und es somit – rein logisch betrachtet – wirtschaftlicher Selbstmord ist diese zu animieren.

Es muss ein Umdenken in Richtung Klasse statt Masse stattfinden, ebenso dürfen Animes nicht mehr nur primär Werbung für die Mangas oder Novels sein, auf denen sie basieren. In 12-13 Folgen passt nicht viel Story und auf gerushte Storys oder komplett offene Enden haben immer weniger Lust. Es ist einfach total Banane nach der 12. oder 13. Folge indirekt auf den Manga/die Novel verwiesen zu werden, wenn man wissen möchte wie es weiter geht bzw. endet.

Thhir
Gast
Thhir

Während ich dem nur zustimmen kann , fürchte ich dass diese Umdenken nicht mehr oder zu spät kommen wird.
Die Problematik ist ja nichts neues, ich hab deswegen seit Jahren keinen neuen Anime mehr geschaut (gibt sicher noch gute, aber ich hab weder Zeit noch Lust mich dafür durch alles zu wühlen und les einfach gleich die Originalfassungen) aber seitdem ist es ja nur noch schlimmer geworden.

XYZ
Gast
XYZ

@Redaktion
Können Sie mir bitte mitteilen, weshalb mein 1.Kommentar nicht freigeschalten wird? Scheinbar haben Sie ihn sogar gelöscht, da der Hinweis mit der Überprüfung samt Kommentar aus dem Kommentarbereich verschwunden ist… Davon abgesehen, dass die anderen beiden Kommentare schon längst freigeschalten wurden.

Sarah Dumann
Admin

Da wir eine Anime-Website sind, unterbinden wir kritische politische Kommentare, welche nicht zur Thematik des Artikels passen.

XYZ
Gast
XYZ

Vielen Dank für Ihre Antwort! Hier wurden schon Kommentare mit Kritik zu China, Trump, AfD etc. freigeschalten, obwohl sie nicht in direkten Zusammenhang mit dem entsprechenden Artikel standen. Meine politische Anmerkung war zur Untermauerung meiner Argumentation, dass die Menschen zuerst an sich denken, was grundsätzlich nicht zu verübeln ist, aber dabei gern auch die falschen Personen verantwortlich machen, hat sich also indirekt auf den Artikel und die Reaktion im Kommentarbereich bezogen.
Natürlich ist es eure Seite, ihr könnt nach persönlicher Einstellung walten und schalten. Jedoch hat es für mich einen faden Beigeschmack, wenn plötzlich eine kritische politische Äußerung zensiert wird, wo an anderer Stelle politische Aussagen freigeschalten werden, obwohl sie auch nicht direkt im Zusammenhang mit dem Artikel stehen… Davon abgesehen, dass es lediglich ein oder zwei Sätze waren, insgesamt hat sich mein Kommentar klar auf den Artikel bezogen.

Penny Mcchicken
Gast
Penny Mcchicken

Anime und Politik sind nicht voneinander, vor allem in Japan