Seit COVID-19 kaum Chancen für neue Synchronsprecher

Erst vor Kurzem haben wir berichtet, dass es Neulinge in der Branche – aufgrund eines Überangebots an Synchronsprechern – schwer haben, eine Sprecherrolle zu ergattern. Nun äußerte Yukio Nagasaki in einem Interview, dass sich dieser Zustand seit der COVID-19-Pandemie verschlechtert hätte.

Kaum Debüts seit COVID-19

Yukio Nagasaki ist ein Musikproduzent und erfahrener Sound Director, der unter anderem durch sein Mitwirken an »Akatsuki no Yona – Prinzessin der Morgendämmerung« und dem »Love Live!«-Franchise bekannt geworden ist. Als Sound Director ist er natürlich für die Vertonung eines Anime zuständig und arbeitet direkt mit den Synchronsprechern zusammen.

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Laut ihm hätte sich die Situation für neue Synchronsprecher in den letzten Jahren erheblich verschlechtert. Er geht sogar so weit und sagt: »Die Zahl der Debüts neuer Talente geht gegen 0.«

Hauptverantwortlich für diese negative Entwicklung macht er die COVID-19-Pandemie, da sich seitdem die Situation in den Aufnahmestudios grundlegend verändert hätte und in der Folge den Durchbruch neuer Talente ausbremsen würde. Die nachfolgenden Umstände wären für ihn hauptursächlich.

Erfahrung kann nicht weitergegeben werden

Der erste Grund wäre, dass den Neulingen die Möglichkeit genommen wurde, an der Seite von den erfahrenen Veteranen zu lernen. Aufgrund von Hygienevorschriften und Kontaktbeschränkungen würden die Synchronsprecher getrennt voneinander aufgenommen werden.

In der Vergangenheit wäre es üblich gewesen, dass eine Aufnahmesession entweder am Morgen oder Nachmittag für eine Dauer von bis zu fünf Stunden angesetzt wurde. Nicht selten hätten sich in dieser Zeit mehrere Synchronsprecher – egal ob Neuling oder Veteran – im Aufnahmestudio versammelt und im Beisein der Kollegen den jeweiligen Charakteren ihre Stimme verliehen.

In diesem Kollektiv konnten die jungen Synchronsprecher den Veteranen zuschauen und einiges von ihnen lernen. Auch wenn sie selbst am Zug waren, standen ihnen ihre erfahrenen Pendants zur Seite. Alle Beteiligten unterstützten sich gegenseitig. In der Folge wurde die Erfahrung weitergegeben und die aufstrebenden Talente konnten unglaublich viel von der Zusammenarbeit lernen.

Aufgrund der genannten Einschränkungen durch die COVID-19-Pandemie war ein Fortbestand dieser Arbeitsweise allerdings leider nicht mehr möglich. Die Synchronsprecher waren fortan isoliert alleine oder zu zweit im Studio und es wurden auch Hauptcharaktere und Nebencharaktere voneinander getrennt. Die Neulinge hatten also keinen Senpai mehr neben sich, von dem sie lernen könnten.

Höhere Verfügbarkeit durch Einschränkungen

Im direkten Zusammenhang damit steht auch der zweite Grund. Wie erwähnt fanden die Aufnahmen in den Studios immer jeweils am Morgen und am Nachmittag statt. Einem Synchronsprecher war es folglich maximal zweimal pro Tag möglich, einen Aufnahmetermin wahrzunehmen. Sie waren zeitlich eingeschränkt, was auch die Zahl der Sprechrollen, die sie insgesamt annehmen konnten, limitierte.

Aber durch die Trennung während Aufnahmesessions verringerte sich auch die Zeit, die ein Sprecher im Studio verbringen musste. Während zuvor für alle Beteiligten die Arbeit erst getan war, wenn der letzte Satz des Tages vertont wurde, so konnte man nun nach seiner eigenen Aufnahme, die im Falle eines Hauptcharakters ein bis zwei Stunden in Anspruch nahm, gehen.

Dementsprechend konnten populären Synchronsprecher, deren Kalender eigentlich vollgepackt war, aufgrund der zusätzlichen Zeit weitere Rollen, wie Nebencharaktere oder Gastauftritte, annehmen. Da laut Nagasaki die Studios die erfahrenen Sprecher immer den Neulingen vorziehen würden, wäre es für Letztere in der Folge in den vergangenen Jahren unmöglich gewesen, eine Rolle zu bekommen.

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Abschließend gab Nagasaki wie auch Akio Ootsuka in unserem letzten Artikel zu bedenken, dass die Zahl der Anwärter als Synchronsprecher stetig steigen würde und scheinbar nicht bekannt wäre, dass man derzeit tatsächlich nur durch einen glücklichen Zufall den Fuß in die Tür bekommen würde.

via bunshun.jp
© Shirobako Project

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11 Kommentare
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Leon

Jeder jammert das in der Anime Industrie schlecht bezahlt wird, aber die Anwärter sind mehr als es stellen gibt.

Guts

Viele Anwärter dürften aber noch ziemlich jung und naiv sein und noch nichts von der schlechten Situationen mitbekommen haben oder stellen sich das alles eventuell gar nicht so schlimm vor. Dann wird womöglich auch noch ausgenutzt, dass viele ihr Hobby zum Traum machen wollen, mit leeren Versprechungen usw.. Auch wissen wir nicht, wie stark schlechte Arbeitsbedingungen überhaupt in der japanischen Öffentlichkeit thematisiert werden oder ob das eher ein Tabuthema ist.

Toshi

»Der erste Grund wäre, dass den Neulingen die Möglichkeit genommen wurde, an der Seite von den erfahrenen Veteranen zu lernen. Aufgrund von Hygienevorschriften und Kontaktbeschränkungen würden die Synchronsprecher getrennt voneinander aufgenommen werden.«

eigentlich schon verdammt wichtig, leider hat corona sehr viel kaputt gemacht.

man sollte aufpassen das man nicht irgendwan probleme bekommt wenn die alten sterben und der nachwuchs sich anderweitig umschaut, so was kann irgendwan mal umschwenken und dann bereut man das vielleicht nochmal den jungen talenten keine chane gegeben zu haben.

Dennis

Extrem Mies bezahlt und mächtig Überstunden und extrem viel Training noch dazu.
Trotzdem beliebt wie sonst noch was, gibt es in Deutschland eigentlich etwas vergleichbares?
Mir fällt da nichts ein.

Toshi

mies bezahlt und überstunden gibt es genug, ok extrem viel training wüsste ich jetzt nicht außer manche sportarten die weniger beliebt sind als z.b fußball da könnte das hinkommen.

Timpingbert

Der Beitrag bezieht sich auf Japan und die Sprecherinnen dort. In Deutschland ist das ganze ja ganz anders geregelt. Hier stehen die Sprecher nicht gemeinsam in der Tonkabine, um aufgenommen zu werden. In Japan stehen die Sprecher meist geneinsam in den Aufnahmen.

Auch die Bezahlung in DE ist nicht mieß. Da jeder Sprecher freiberufler ist, kann man in DE auch nicht von Überstunden sprechen. Sie regeln ihre Termine selbst und geben auch meistens an wieviel sie am Tag sprechen möchten. Und Sprecher ist nunmal Schauspiel, da muss man natürlich ein gewisses Können mitbringen, um gebucht zu werden. Das geht halt nur durch Ausbildung und wie du es nennst »Training«.

Toshi

nein ich glaube er meinte wirklich training und nicht die ausbildung an sich, weil beim training gehts um eine verbesserung der leistung aber bei einer ausbildung kannst ja letztendlich auch mies abschneiden und trotzdem bestehn.

Bloodx

Der Medizinbereich vorallem in privatisierten Krankenhäuser. Viele wollen in die Medizin und Leuten helfen, sobald sie einmal drinne sind mercken sie erst wie scheiße das ist.

Ich

Ja, was soll man sagen … die Umstände waren so schon schwierig und nun hängt es mehr oder weniger vom Glück ab. Das ist natürlich nicht schön. Da kann man nur für die Betroffenen hoffen, dass sich die Lage schnellstmöglich entspannt. Das ist aber auch nicht wirklich ein Trost, habe ich das Gefühl.

Shinigami

Hing davor auch schon vom Glück ab, den die Meisten Neueinsteiger werden nie eine Rolle erhaschen können und deprimiert von einem zum anderen Vorsprechen schleppen, bis sie am ende es aufgeben.

Kudo

Müsste sich das nicht mittlerweile besser sein von den Bedingungen ?
Alle anderen Länder haben doch schon viele Einschränkungen zurückgenommen .