Mit Abschluss von »Teil 3: Feinschliff und Vertonung« ist die Produktion einer Episode vollbracht und diese hat grünes Licht bekommen. Weiter geht es mit »Teil 4: Kosten bis zur Ausstrahlung«.
- Teil 1: Idee und Planung
- Teil 2: Konzept und Animation
- Teil 3: Feinschliff und Vertonung
- Teil 4: Kosten bis zur Ausstrahlung
- Teil 5: Refinanzierung
Ursprung der niedrigen Kosten
Eine Anime-Episode ist nun fertiggestellt und wir haben erfahren, wie viel Arbeit dahintersteckt. Doch Arbeit ist in der Regel auch mit Kosten verbunden, weswegen wir uns im Folgenden auch damit beschäftigen möchten. Doch zuvor müssen wir einige Sätze zur Entstehung von Anime verlieren.
Der Ursprung und die Entstehung von Anime ist unter anderem auch eine Antwort auf die westliche Animation und die hohen Produktionskosten dergleichen. Man wollte eine kostengünstige Alternative schaffen, nicht zuletzt indem man billige Arbeitskräfte anstellt. Während Animatoren und Sprecher im Westen ein üppiges Gehalt verdienen, so hören wir nur Schlechtes von ihren japanischen Pendants.
Über die Ausbeutung von Anime-Sychronsprechern haben wir bereits berichtet, aber auch Animatoren ergeht es gleichermaßen. Da Japan ein äußerst kultur- und traditionsträchtiges Land ist und nur selten Reformen oder Änderungen einleitet, haben sich diese Umstände für alle Beteiligten in den letzten 30 Jahren auch nur unwesentlich zum Besseren gewandelt.
Die Produktionsstudios nutzen es schlichtweg aus, dass es so viele Synchronsprecher und Animatoren gibt, die einfach ihren Traumberuf leben wollen und dabei all ihr Herzblut reinstecken – ungeachtet ihres leider ausbeuterischen Gehalts und der damit verbundenen Überarbeitung.
Entwicklung der Kosten
Das Ganze sollte allerdings nur eine kleine Hintergrundinformation sein, um den folgenden Vergleich besser einordnen zu können. Eine Episode einer gewöhnlichen Animationsserie, die beispielsweise in Amerika produziert wird, kostet im Schnitt etwa 1 Million Euro. Im Falle der Simpsons belaufen sich diese Kosten sogar auf 2 Millionen Euro. Nun kommen wir zu den Anime-Serien.
Leider halten sich Anime-Produktionsstudios sehr bedeckt, was genau ihre einzelnen Anime-Episoden kosten, allerdings wird das Gesamtbudget eines Anime meist bekannt, wodurch sich letztendlich die durchschnittlichen Episodenkosten errechnen lassen. Hierbei gilt zu erwähnen, dass sich Budget und Kosten für die Anime-Produktion in den letzten 10 Jahren nur wenig verändert haben.
Die Qualität der Animation entwickelt sich zwar stetig weiter, allerdings ist das insbesondere auf die fortgeschrittenen Animationstechniken und Fähigkeiten der Animatoren zurückzuführen, die jedoch wie bereits erwähnt seit Jahrzehnten trotzdem nicht mehr verdienen. Außerdem hat das Budget nicht zwangsläufig etwas mit der Animationsqualität zu tun.
Kosten einer Episode im Überblick
Da sich die Produktionskosten nicht allzu stark verändert haben, ziehen wir für die genauere Betrachtung eine Studie des Media Development Research Institute aus dem Jahre 2018 heran.
Im Rahmen ihrer Studie analysierten sie die Produktionskosten für eine einzige Episode des Anime »My Hero Academia«. Die Kosten schlüsselten sie dabei nach aktuellem Wechselkurs wie folgt auf:
Art der Tätigkeit | Kosten |
Rechte am Originalwerk | 50.000 Yen (ca. 347 Euro) |
Skript | 200.000 Yen (ca. 1.389 Euro) |
Regie der Episode | 500.000 Yen (ca. 3.472 Euro) |
Produktion | 2.000.000 Yen (ca. 13.890 Euro) |
Regie der Key Animation | 250.000 Yen (ca. 1.736 Euro) |
Key Animation | 1.500.000 Yen (ca. 10.417 Euro) |
In-Between Animation | 1.100.000 Yen (ca. 8.336 Euro) |
Korrektur und Feinschliff | 1.200.000 Yen (ca. 7.639 Euro) |
Kunst und Designs | 1.200.000 Yen (ca. 7.639 Euro) |
Bildaufnahmen | 700.000 Yen (ca. 4.861 Euro) |
Vertonung | 1.200.000 Yen (ca. 7.639 Euro) |
Materialien | 400.000 Yen (ca. 2.778 Euro) |
Schnitt | 200.000 Yen (ca. 1.389 Euro) |
Feinschliff und Druck | 500.000 Yen (ca. 3.472 Euro) |
Gesamtkosten | 11.000.000 Yen (ca. 76.412 Euro) |
Die Kosten einer »My Hero Academia«-Episode beliefen sich demnach auf umgerechnet 76.412 Euro.
Ein Leak legte damals auch das Produktionsbudget einer Episode des Anime »Bamboo Blade« aus dem Jahre 2007 offen und bezifferte dieses mit 9.554.000 Yen (ca. 70.000 Euro). Das entspricht dem Standard, der sich seit Jahren auf einem gleichbleibendem Niveau bewegt. Die Produktionskosten einer Anime-Episode belaufen sich im Durchschnitt auf 50.000 bis 250.000 Euro.
Bekannte Anime im Vergleich
Als kleines Extra haben wir für euch im Folgenden zum Vergleich einige bekannte Anime und deren durchschnittliche Produktionskosten für eine Episode aufgelistet:
Anime | Kosten pro Episode |
Dragon Ball Z | etwa 50.000 Euro |
Neon Genesis Evangelion | etwa 55.000 Euro |
One Punch Man | etwa 70.000 Euro |
Demon Slayer | etwa 74.000 Euro |
One Piece | etwa 83.000 Euro |
Naruto | etwa 88.000 Euro |
My Hero Academia | etwa 100.000 Euro |
JoJo’s Bizarre Adventure | etwa 110.000 Euro |
Black Clover | etwa 130.000 Euro |
Jujutsu Kaisen | etwa 140.000 Euro |
Attack on Titan | etwa 145.000 Euro |
Bleach | etwa 148.000 Euro |
Dragon Ball Super | etwa 166.000 Euro |
Wer sich wundern sollte: bei dieser Auflistung handelt es sich um errechnete Zahlen aus dem letzten Jahr. Deswegen auch diese Diskrepanz im Falle von »My Hero Academia«, da der Yen momentan ein extremes Tief im Wechselkurs erlebt. Die oben errechneten 11.000.000 Yen wurden im Jahre 2018 und auch bis vor Kurzem noch mit etwa 100.000 Euro beziffert (Tagesaktuell aber eben 76.412 Euro).
Wer sich in allen anderen Fällen über die Zahlen wundert, der erinnert sich vielleicht an einen unserer früheren Artikel um das Seiyuu-Ranking. »Demon Slayer« hat zwar eine erstklassige Animation, spart aber viel Geld bei den Synchronsprechern, während die von Son Goku und Vegeta in »Dragon Ball Super« zu den drei Bestbezahlten gehören (aber eben noch nicht in Zeiten von »Dragon Ball Z«).
Weitere Kosten
Im Falle von »My Hero Academia« belaufen sich die Kosten für eine zwölfteilige Anime-Staffel auf knapp 1 Million Euro. Betrachtet man den maximalen Standard, können sich diese Kosten also auf bis zu 2,5 Millionen Euro summieren. Das sind aber lediglich die Kosten für die Produktion des Anime.
Hinzu kommen weitere Kosten, wie etwa die Miete des Sendeplatzes, Werbeaktionen auf Flugzeugen, Zügen oder einfachen Bannern und auch öffentliche Events mit Auftritten der Synchronsprecher oder anderen Mitgliedern des Produktionsteams. Gerade diese Art von Kosten in Bezug auf die Vermarktung variieren sehr stark und können nicht eindeutig beziffert werden.
Nun haben wir uns ein Bild über die Kosten eines Anime gemacht und gelernt, dass dieser erst einmal tief in den roten Zahlen steht, wenn er seinen TV-Start feiert. Doch wie genau holt ein Anime nun seine Produktionskosten wieder rein? Darum geht es in »Teil 5: Refinanzierung«, der Dienstag erscheint.
© Shirobako Project
©劇場版「SHIROBAKO」製作委員会
Die Kostenaufstellungen finde ich sehr interessant. Das war jetzt zwar nur an einem Beispiel und man muss noch Schwankungen mitbedenken, aber das ist mal ein schöner Blick drauf. die Artikelreihe gefällt mir bisher wirklich gut. Ich freue mich schon auf den Finalartikel.
Sehr interessanter Einblick in die Kosten eines Anime.
Gerade der Kostenvergleich einzelner Serien hat mir gefallen.
Die Lizenz für das Werk erscheint mir erstaunlich günstig. Bei 12 Folgen kommen ja nur etwa 1-2 Monatsgehälter rum. Aber das Geld wird vermutlich noch unter dem Schöpfer und dessen Verlag aufgeteilt.
Da bleibt ja nach Steuern kaum etwas übrig.
Gibt es auch einen Artikel wie diesen hier, aber auf Disc-Releases bezogen?
Wirklich interessanter Einblick. Ich hätte nicht gedacht, dass eine Folge von einer amerikanischen Animationsserie so viel teurer ist.